STOP-TTIP-LEV
TTIP betrifft uns alle, weil es in unser privates und kommunales Leben eingreift!
Brief des ehemaligen Bundesinister für wirtschaftliche Zusammenarbeit Prof. Dr. Erhard Eppler an den Sprecher der STOP-TTIP-LEV-Initiative Peter Röhrig
Pressemitteilung Stop-TTIP-Lev zum Briefwechsel mit Bundeswirtschaftsminister Gabriel vom 21. September 2015
Einen „Frontalangriff auf die Kommunen“ befürchtet die neu gestartete überparteiliche Initiative „Stop-TTIP-Lev“. Viele Leverkusenerinnen und Leverkusener haben von den sogenannten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA gehört, die zurzeit von der EU-Kommission in Brüssel verhandelt werden. Sie fragen sich: Was hat „Freihandel“ mit Leverkusen zu tun und wären sie von den hier verhandelten Verträgen überhaupt betroffen?
„Stop-TTIP-Lev sagt: Ja“, so ihr Sprecher Peter Röhrig, denn hinter der irreführenden und eher harmlosen Bezeichnung „Freihandel“ verberge sich ein Abkommen, bei dem die Absenkung von Zöllen und Handelshemmnissen nur eine untergeordnete Rolle spiele. Die in der Öffentlichkeit weithin unbekannten Teile der Abkommen mit Auswirkungen bis in die Gemeinden seien weitaus kritischer zu bewerten. „Es besteht die Gefahr, dass mit dem Abkommen die vielen bewährten kommunalen Dienstleistungen, die wir gerade in Deutschland in den letzten Jahrzehnten aufgebaut haben, die geschätzt werden und die ein wichtiger Bestandteil unseres täglichen Lebens geworden sind – daher auch der Begriff Daseinsvorsorge – systematisch eingeschränkt oder ganz beseitigt werden.“ Die Abkommen seien der Versuch, staatliches Handeln aus möglichst vielen bürgernahen Aktivitäten zu verdrängen.
Nach Ansicht der Initiative wird TTIP in fast alle Bereiche des täglichen Lebens hineinwirken: in Wasser- und Energieversorgung, in Krankenhäuser, Altenheime, Kindertagesstätten und Schulen, in Einrichtungen der Kultur und Bildung, die liberalisiert werden sollen. Liberalisiert, das heißt in den meisten Fällen: Sie sollen privatisiert und kommerzialisiert werden. Stop-TTIP-Lev sagt dagegen: „Nichts gegen Privatinitiative, sie darf aber nicht zu Lasten von Qualität und Berechenbarkeit in Deutschland gehen.“
Die Stadt Leverkusen müsste, so die Befürchtungen, US-amerikanische oder kanadische Unternehmen in Zukunft zum Beispiel bei Ausschreibungen aller Art und sonstigen wirtschaftlichen Aktivitäten der Stadt von Beginn an beteiligen und ihnen die gleichen Konditionen wie den bestehenden kommunalen Einrichtungen einräumen. Ansonsten hätten die ausländischen Konzerne das Recht, stellvertretend für die betroffene Kommune die Bundesregierung vor geheim tagenden Schiedsstellen auf „entgangene Gewinne“ zu verklagen. Wenn der Rat der Stadt Leverkusen beispielsweise eine kommunale Einrichtung oder Maßnahme finanziell unterstützen will, könnten sich US-Firmen benachteiligt fühlen und klagen. Stop-TTIP-Lev erklärt dazu: „Was da unter dem beschönigenden Namen Investitionsschutz läuft, dient vor allem der Markteroberung und -absicherung für Konzerne.
Der Deutsche Städtetag stellt dazu fest: „Das Recht der Kommunen, die lokale Daseinsvorsorge zu gestalten, darf nicht angetastet werden.“ Sozialverbände, Gewerkschaften, Kirchen und Organisationen wie der Naturschutzbund Deutschland (NABU) oder der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) lehnen die „Freihandelsabkommen“ in der vorliegenden Form strikt ab. Auch Wirtschaftsverbände üben Kritik. Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW), der sich als „Stimme des Mittelstandes“ sieht und, so auf seiner Website, „einschließlich seiner Mitgliedsverbände für mehr als 270.000 Unternehmen mit rund neun Millionen Beschäftigten“ spricht, sieht den geplanten Investitionsschutz äußerst kritisch: „Die geplanten Regelungen benachteiligen die mittelständische Wirtschaft.“
Bei den „Freihandelsabkommen“ TTIP und CETA geht es nach Aussagen der Unterhändler von EU-Kommission und USA/Kanada darum, Handelshemmnisse abzubauen, wie zum Beispiel Verbote, Nahrungsmittel zu importieren, die mit gen-manipuliertem Mais/Soja produziert werden, oder Fleisch von Tieren einzuführen, die zwecks schnellerem Wachstum oder höherem Gewicht mit hierzulande verbotenen Hormonpräparaten behandelt werden. Stop-TTIP-Lev: „Die sogenannten Freihandelsabkommen schaffen für Großkonzerne größere Freiheiten, Märkte zu erobern, während sie für Gemeinden und Bürger einen erheblichen Verlust an Gestaltungsrechten zur Folge hätten.“
Zur Begründung dieser Sorge verweisen die Initiatoren von Stop-TTIP-Lev unter anderem auf die sogenannte „Sperrklinkenklausel“ (ratchet clause) hin, die nach Auffassung der TTIP-Kritiker verhindern würde, einmal getroffene Fehlentscheidungen zu korrigieren. Konkret bedeutet das: Weitere „Liberalisierungen“ (gemeint: Privatisierungen mit dem Ziel der Kommerzialisierung) sind möglich, Rücknahmen solcher Schritte aber nicht: einmal privat, immer privat. Das würde auch für künftige Generationen von demokratisch gewählten Gemeinde- und Kreisräten gelten. Selbst künftige Regierungen und Parlamente auf Landes- und Bundesebene wären auf Dauer an einmal getroffene Entscheidungen gebunden, selbst wenn sich andere politische Mehrheiten und Erkenntnisse im Bereich Wirtschaft und Umwelt ergeben haben.
Außerdem: Die Verträge sollen eine Laufzeit von mindestens 20 Jahren haben. Der Ausstieg eines einzigen Landes aus EU-Verträgen wäre faktisch nicht möglich, da alle 28 EU-Länder zustimmen müssten – sozusagen eine „Ewigkeitsgarantie“ für TTIP, CETA und TISA.
Die Initiative Stop-TTIP-Lev hat ihre Ziele auf der Website www.stop-ttip-lev.de formuliert und sie Sozialverbänden, Gewerkschaften, Kirchen, Parteien, Umweltschutzverbänden, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Medien und Einzelpersonen vorgestellt. „Wir rennen überall offene Türen ein.“
Ein Angriff der Konzerne auf die Demokratie - so lassen sich die derzeit verhandelten Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) und mit Kanada (CETA) zusammenfassen. Verhandelt wird geheim, Konzerne sollen Sonderklagerechte erhalten, Standards für Umwelt- und Verbraucherschutz könnten aufgekündigt werden.
Im Bündnis mit über 250 anderen Organisationen kämpft "Mehr Demokratie" für einen Stopp der Verhandlungen und hat eine selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative (EBI) gestartet, nachdem die Europäische Kommission den Start einer offiziellen EBI mit rechtlich fadenscheiniger Begründung ablehnte. Jetzt erst recht! Europaweit sollen im Bündnis mindestens eine Million Unterschriften für einen Stopp der Verhandlungen gesammelt werden.
Wir haben gerade auf der Seite von Mehr Demokratie e.V. die selbstorganisierte EBI unterschrieben. Bitte unterschreiben auch Sie diese Kampagne und machen damit deutlich: Wir lassen uns nicht ausbremsen!
Jetzt erst recht!
https://www.mehr-demokratie.de/stoppttip.html
Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP abgelehnt/Bündnis kündigt Widerstand an
Das Bündnis Stop TTIP für eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) gegen die internationalen Handels- und Investitionsverträge TTIP und CETA hat Widerstand gegen die heute verkündete Entscheidung der EU-Kommission angekündigt, die EBI nicht zuzulassen. „Jetzt geht die Auseinandersetzung erst richtig los“, erklärt Michael Efler, Kontaktperson der Europäischen Bürgerinitiative, für das mittlerweile knapp 230 Organisationen aus 21 EU-Ländern umfassende Bündnis. „Die Ablehnung der Bürgerinitiative reiht sich ein in die Strategie der EU-Kommission, Bevölkerung und Parlamente aus den Verhandlungen um CETA und TTIP rauszuhalten. Statt Bürgerinnen und Bürgern werden hier lieber Lobbyisten gehört.“
Die Ablehnung der EBI wird damit begründet, die Verhandlungsmandate zu TTIP und zum CETA seien keine Rechtsakte, sondern interne Vorbereitungsakte zwischen den EU-Organen und insofern durch eine Bürgerinitiative nicht anfechtbar. „Die Auffassung der Kommission, dass nur Rechtsakte mit Wirkung auf Dritte durch eine EBI berührt werden dürfen, ist offensichtlich rechtsfehlerhaft. Das Verhandlungsmandat der Kommission ist ein förmlicher Beschluss des Rats und ein Rechtsakt. Würde die Rechtsauffassung der Kommission Bestand haben, hieße das im Klartext: Der Bevölkerung sind bei der Entwicklung internationaler Verträgen jeder Art die Hände gebunden – eine Auskunft, die ebenso erschreckend wie skandalös ist“, so Efler.
Darüber hinaus, so die Begründung, könne die Kommission keine negativen Ratifizierungsvorschläge machen und insofern der EBI-Forderung, die Verhandlungen über CETA und TTIP nicht abzuschließen auch nicht nachkommen. „Im Umkehrschluss heißt das, internationale Verhandlungen der Kommission dürfen durch Bürgerinnen und Bürger nur bejubelt, nicht aber kritisiert werden“, fasst Efler zusammen. Das EBI-Bündnis, das vor Einreichung der Bürgerinitiative ein eigenes Rechtsgutachten eingeholt hatte, erwägt nun rechtliche Schritte und will den für diesen Fall vorgesehenen Weg vor dem Europäischen Gerichtshof prüfen.
„Statt auf die Bedenken angesichts einer bürgerfernen Handelspolitik einzugehen, verweigert die Kommission die Auseinandersetzung“, so Efler. „Das erscheint aus Bürgersicht als Akt der Willkür, verprellt engagierte Menschen in Europa und ist Wasser auf die Mühlen der Europa-Gegner.“ Vor diesem Hintergrund fordert das Bündnis auch den neuen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker auf, den undemokratischen Kurs der EU-Kommission zu korrigieren und sein Versprechen wahrzumachen, Demokratie und Transparenz herzustellen. „Offenbar fürchtet die Kommission diese EBI, die das Potential hat, zur bisher erfolgreichsten Bürgerinitiative zu werden“, sagt Efler. „Wenn die Brüsseler Bürokratie glaubt, die Bürgerproteste gegen die Investitionsverträge mit dieser Ablehnung stoppen zu können, hat sie sich geirrt. Wir werden es nicht auf sich beruhen lassen, dass die Kommission versucht, Bürgerinnen und Bürgern die Hände zu binden.“
Begründung der EU-Kommission zur Ablehnung:
http://ec.europa.eu/citizens-initiative/public/initiatives/non-registered/details/2041
Rechtsgutachten von Prof. Dr. Bernhard Kempen:
http://stop-ttip.org/wp-content/uploads/2014/09/EBI-Gutachten20140430.pdf
Quelle: www.ttip-unfairhandelbar.de